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2019-11-01Berichte und sonstige Texte DOI: 10.25646/6195
Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2018
dc.contributor.authorRobert Koch-Institut
dc.date.accessioned2019-06-27T06:42:42Z
dc.date.available2019-06-27T06:42:42Z
dc.date.issued2019-11-01none
dc.identifier.urihttp://edoc.rki.de/176904/6222
dc.description.abstractIm Jahr 2018 wurden in Deutschland 5.429 Tuberkulosen registriert, was einer Inzidenz von 6,5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner entspricht. Nach der deutlichen Zunahme im Jahr 2015 und der weitgehend unveränderten Situation in 2016 sind die Erkrankungszahlen seit 2017 damit wieder rückläufi g, bleiben aber auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Die Analyse der demografi schen Daten zeigt, dass Männer häufi ger an einer Tuberkulose erkranken als Frauen. Die Inzidenz bei männlichen Personen war mit 8,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner etwa doppelt so hoch wie bei weiblichen Personen (Inzidenz 4,3). Die höchste Inzidenz wurde bei jungen Erwachsenen in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen registriert (18,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner; Männer: 24,7; Frauen: 11,3). Die Analyse nach Staatsangehörigkeit zeigt – wie schon in den vergangenen Jahren – deutliche Unterschiede im Erkrankungsrisiko: Bei ausländischen Staatsangehörigen betrug die Inzidenz 37,3 pro 100.000 Einwohner. Sie war damit fast 18-mal so hoch wie in der deutschen Bevölkerung (Inzidenz 2,1), wobei dieser Unterschied bei jungen Erwachsenen besonders groß ausfi el. Insgesamt 30,2 % aller Erkrankten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, 69,8 % eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die ausländischen Staatsangehörigen erkrankten – wie schon in den vergangenen Jahren – in deutlich jüngerem Lebensalter (Altersmedian 28 vs. 59 Jahre). Die Analyse nach Geburtsland ergab, dass der Anteil im Ausland geborener Patienten – wie in den vergangenen zwei Jahren – knapp drei Viertel aller Erkrankten ausmacht. Die beiden 2018 am häufi gsten angegebenen nicht-deutschen Geburtsländer waren – wie bereits im Vorjahr – Eritrea und Somalia. Tuberkulose im Kindesalter: Es erkrankten 215 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren, entsprechend einer Inzidenz von 1,9 pro 100.000 Kinder. Gegenüber dem Vorjahr (240 Fälle, Inzidenz 2,1) wurden 25 Erkrankungsfälle weniger registriert. Die höchste Inzidenz war mit 2,9 bei Kleinkindern unter fünf Jahren zu verzeichnen (113 Erkrankungen). In der Gruppe der 5- bis 9-Jährigen lag die Inzidenz bei 1,2 (43 Fälle), in der Gruppe der 10- bis 14-Jährigen bei 1,6 pro 100.000 Kinder (59 Fälle). Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit erkrankten im Vergleich zu deutschen Kindern etwa 14-mal so häufi g an einer Tuberkulose (Inzidenz 10,6 vs. 0,8). Der Großteil der erkrankten Kinder hat einen Migrationshintergrund. Fallfi ndung: Insgesamt 3.928 Erkrankungsfälle (82,7 %) wurden im Jahr 2018 mittels passiver Fallfi ndung festgestellt, darunter 13 (0,3 %) im Rahmen einer postmortalen Untersuchung. 823 Erkrankungen (17,3 %) wurden durch eine aktive Fallfi ndung entdeckt – insbesondere durch Umgebungsuntersuchungen (7,5 %; 358 Fälle) und die gesetzlich vorgeschriebenen Screeninguntersuchungen bei Asylbewerbern und Flüchtlingen (7,4 %; 351 Fälle). Organbeteiligung: Die Lunge war mit einem Anteil von 72,9 % (3.916 Fälle; Inzidenz 4,7) das am häufi gsten betroff ene Organ. Mit einer Inzidenz von 3,9 pro 100.000 Einwohner (3.193 Fälle) war dabei die infektiöse, off ene Lungentuberkulose deutlich häufi ger als die geschlossene (723 Fälle; Inzidenz 0,9). Bei 45,5 % der Lungentuberkulosen (1.780 Fälle) lag eine mikroskopisch positive Form vor, bei welcher die Infektiosität am höchsten ist. Eine ausschließlich extrapulmonale Tuberkulose wurde in 1.454 Fällen registriert (27,1 %). In gut der Hälfte dieser Fälle manifestierte sich die Erkrankung in den Lymphknoten (761 Fälle; 52,3 %). Resistenzsituation: Der Anteil an Erkrankungen durch multiresistente Bakterienstämme (MDR-TB) lag im Jahr 2018 bei 3,1 % (118 Fälle) und ist damit gegenüber dem Vorjahr (2017: 3,1 %, 122 Fälle) weitgehend unverändert geblieben. Unter den in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (NUS) geborenen Patienten war der Anteil an MDR-TB am höchsten (21,2 % vs. 1,1 % bei in Deutschland geborenen Patienten). Bei 48,3 % der MDR-TB Fälle mit entsprechenden Angaben bestanden zusätzlich mehrere Resistenzen gegenüber Zweitrangmedikamenten, darunter acht Fälle mit extensiv resistenter Tuberkulose (XDR-TB). Der Anteil an Erregern, die gegen min-destens eines der fünf Standardmedikamente resistent war (jegliche Resistenz) betrug 13,0 % (2017: 12,0 %). Auch hier war unter den in den NUS geborenen Patienten der Anteil deutlich höher als bei in Deutschland geborenen Patienten (35,5 % vs. 9,2 %). Todesfälle: Der krankheitsbedingte Tod an einer Tuberkulose wurde in 129 Fällen registriert, darunter ein 12-jähriges Kind. Dies entspricht einer Mortalität von 0,2 Todesfällen pro 100.000 Einwohner. Die Letalität lag bei 2,4 % und war damit geringfügig höher als im Vorjahr (2017: 2,1 %, 114 Todesfälle). Da das abschließende Behandlungsergebnis in der Regel erst nach einem Jahr vorliegt, ergibt sich eine entsprechende Verzögerung der Datenübermittlung. Von den im Jahr 2017 übermittelten 5.495 Erkrankungsfällen lagen für 4.770 Erkrankungsfälle (86,8 %) Informationen zum Behandlungsergebnis vor. Bei 3.829 Erkrankten (80,3 %) wurde die Therapie erfolgreich beendet. In 539 Fällen (11,3 %) war die Behandlung aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich. In 182 Fällen (3,8 %) dauerte die Behandlung noch an und in 220 Fällen (4,6 %) konnte das Behandlungsergebnis nicht ermittelt werden, da diese Patienten unbekannt verzogen waren. Die Therapie war je nach Altersgruppe unterschiedlich erfolgreich. Während der Behandlungserfolg im Kindesalter und bei jungen Erwachsenen noch über 85 % lag, nahm dieser in den höheren Altersgruppen kontinuierlich ab und erreichte bei Patienten ab 80 Jahren nur noch einen Anteil von 49,8 %. Fazit: Nach einem deutlichen Anstieg der Tuberkulosefallzahlen im Jahr 2015 und nahezu identischen Fallzahlen im Jahr 2016 ist seit 2017 wieder ein leichter Rückgang zu beobachten. In Deutschland werden die meisten Tuberkulosen durch die Abklärung tuberkulosebedingter Symptome (passive Fallfi ndung) entdeckt. Das gilt auch für im Ausland geborene Patienten, deren Erkrankungsrisiko noch Jahre nach Einreise erhöht ist. Die aktive Fallfi ndung, insbesondere das Screening von Flüchtlingen und Asylsuchenden bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft, stellt unverändert eine wichtige Maßnahme dar. Ein weiterer wichtiger Grundpfeiler der Tuberkulosekontrolle sind Umgebungsuntersuchungen im Umfeld infektiöser Patienten, damit infi zierte oder erkrankte Kontaktpersonen frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Knapp drei Viertel der Patienten sind im Ausland geboren. Bei den in Deutschland geborenen Patienten handelt es sich meist um Menschen, die sich in den Kriegs- oder Nachkriegsjahren infi ziert haben und im höheren Alter eine Tuberkulose entwickeln. Kinder sind eine besonders vulnerable Gruppe für Tuberkulose. Die Kindertuberkulose ist in Deutschland zwar ein seltenes, aber oftmals schweres Krankheitsbild. Daher gilt dieser Gruppe – auch als Indikator für aktuelle Transmissionsgeschehen – weiterhin eine erhöhte Aufmerksamkeit. Die Berücksichtigung der Tuberkulose in der Diff erentialdiagnose ist daher in jedem Lebensalter und ungeachtet der Herkunft wichtig. Komplexe Medikamentenresistenzen, die zum Teil hohen Inzidenzen in Tuberkulose-Risikogruppen sowie ein großer Anteil infektiöser Lungentuberkulosen verdeutlichen, dass Tuberkulose auch in Deutschland nach wie vor eine Erkrankung mit großer Public Health-Relevanz ist. Die Sicherstellung einer frühzeitigen Diagnose und einer resistenzgerechten, vollständigen Therapie ist von entscheidender Bedeutung und erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit aller Beteiligten. Insbesondere multi- und extensiv resistente Tuberkulosen erfordern ein kompetentes Fallmanagement durch behandelnde Ärzte und Gesundheitsämter. Für eine erfolgreiche Tuberkulose kontrolle werden daher gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte und ein adäquat ausgestatteter öff entlicher Gesundheitsdienst benötigt. Darüber hinaus braucht es eine gut etablierte Tuberkulose-Surveillance, die anhand der übermittelten Daten (einschließlich des Behandlungsergebnisses) aktuelle Entwicklungen im epidemiologischen Geschehen frühzeitig und im Kontext ihrer möglichen Einfl ussfaktoren zu erkennen vermag.ger
dc.language.isogernone
dc.publisherRobert Koch-Institut
dc.subjectTuberkuloseger
dc.subjectDeutschland
dc.subjectEpidemiologie
dc.subject.ddc610 Medizin und Gesundheitnone
dc.titleBericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2018none
dc.typereport
dc.identifier.urnurn:nbn:de:kobv:0257-176904/6222-4
dc.identifier.doihttp://dx.doi.org/10.25646/6195
dc.type.versionpublishedVersionnone
local.edoc.type-nameBerichte und sonstige Texte
local.edoc.rki-departmentInfektionsepidemiologienone

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