Darstellung und Bewertung der epidemiologischen Erkenntnisse im Ausbruch von Norovirus-Gastroenteritis in Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung, Ostdeutschland, September-Oktober 2012
Robert Koch-Institut
In den letzten beiden September- und der ersten Oktoberwoche 2012 (38.-40. Kalenderwoche) kam es zu einem Ausbruch von Gastroenteritis in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Betroffen waren überwiegend Kinder und Jugendliche sowie Betreuungspersonal von Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten und Schulen. Der Höhepunkt des Erkrankungsgeschehens lag zwischen dem 25.09. und 28.09.2012. Dieser Ausbruch ist mit nahezu 11.000 Fällen der bisher mit Abstand größte bekannte lebensmittelbedingte Ausbruch in Deutschland. Da die ganz überwiegende Menge der betroffenen Einrichtungen durch ein bundesweit tätiges Catering-Unternehmen beliefert wurden, bestand früh die Hypothese eines lebensmittelbedingten Ausbruchs, hervorgerufen durch kontaminierte Speisen, die im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung in diesen Einrichtungen ausgegeben wurden. Das Robert Koch-Institut führte in Abstimmung mit Gesundheits-, Lebensmittel- und Schulbehörden der betroffenen Bundesländer, Kreise und Berliner Bezirke verschiedene epidemiologische Studien durch, um die Ursache des Ausbruchs (das „Vehikel“) zu ermitteln und damit weitere Erkrankungen zu verhindern. Nach den dabei gewonnenen und in einem im Epidemiologischen Bulletin veröffentlichten Kurzbericht1 bereits dargestellten Erkenntnissen stehen die Erkrankungsfälle im Zusammenhang mit dem Verzehr von Tiefkühlerdbeeren einer Charge bzw. daraus hergestellten Produkten, die in den betroffenen Einrichtungen im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung ausgegeben und verzehrt wurden. Insgesamt wurden vier individuenbasierte (an Schulen in Berlin, Sachsen und Thüringen) und eine einrichtungsbasierte Fall-Kontroll- Studie (Berlin) durchgeführt. Bei im Rahmen des Ausbruchs erkrankten Patienten wurden Noroviren verschiedener Genotypen nachgewiesen. Auch in mehreren Proben aus der betroffenen Charge Tiefkühlerdbeeren konnten vom Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt im Auftrag des sächsischen Verbraucherschutzministeriums Noroviren unterschiedlicher Genotypen festgestellt werden. Ein Stammvergleich ergab eine hohe Übereinstimmung der genetischen Information der aus dem Lebensmittel isolierten und bei einem Teil der Patienten gefundenen Norovirusstämme. Das bei betroffenen Patienten gefundene insgesamt breite Spektrum von verschiedenen Norovirusstämmen könnte auf einen Kontakt der Erdbeeren mit menschlichen Fäkalien (z.B. durch Bewässerung, Düngung, Waschen) zurückzuführen sein. Die Ermittlungsergebnisse der Rückverfolgung der Lieferwege, die Erkenntnisse zu den verschiedenen Zubereitungsarten, der Nachweis von Noroviren in dem verdächtigen Lebensmittel und letztendlich die Übereinstimmung von Virusgenomen aus dem Lebensmittel und menschlichen Proben unterstützen das Ergebnis der epidemiologischen Studien, dass Tiefkühlerdbeeren das Hauptvehikel dieses Ausbruchs darstellen. Die Arbeit der Task Force, in der auch das RKI vertreten war, wird in einem separaten Bericht ausführlich dargestellt2. Dieser Ausbruch unterstreicht erneut die Bedeutung von zeitnah durchgeführten epidemiologischen Studien für die schnelle Aufklärung lebensmittelbedingter Ausbrüche.
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