Gemeinsamer nationaler Bericht des BVL und RKI zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in Deutschland, 2015
Rosner, Bettina
Schewe, Thomas
In Deutschland werden jedes Jahr Hunderte von Krankheitsausbrüchen registriert, die über mikrobiell kontaminierte Lebensmittel verursacht wurden. Die Daten zu lebensmittelbedingten Ausbrüchen werden von den Gesundheits- und Lebensmittelüberwachungsbehörden vor Ort erfasst und über zwei parallele Meldewege (Übermittlung nach dem Infektionsschutzgesetz bzw. BELA-Meldungen) über die Behörden der Länder an das Robert Koch-Institut (RKI) bzw. an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) übermittelt. Die Daten werden vom RKI und vom BVL gemeinsam bewertet und an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) berichtet. Erstmals werden die Daten zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in Deutschland jetzt auch in Form eines nationalen Berichts vom BVL und RKI gemeinsam veröffentlicht. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 384 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche an das RKI bzw. an das BVL übermittelt. Mindestens 2.072 Erkrankungen und 224 Hospitalisierungen standen mit den Ausbrüchen in Zusammenhang. Todesfälle sind nicht aufgetreten. Bei 28 Krankheitsausbrüchen wurde die Evidenz des Zusammenhangs zwischen den Erkrankungen und einem ursächlichen Lebensmittel gemäß EFSA-Kriterien als hoch eingestuft. Den größten Anteil davon (12/28, 43%) nahmen Ausbrüche durch den Erreger Campylobacter ein. Bei allen 12 Campylobacter-Ausbrüchen mit hoher Evidenz war nicht abgekochte Rohmilch das verursachende Lebensmittel. Weitere Erreger und Agenzien, die Ausbrüche mit hoher Evidenz verursachten, waren Histamin (z.B. in Thunfisch) (5/28, 18%), Salmonella spp. (3/28; 11%), Bacillus cereus (2/28, 7%), Staphylococcus aureus, Norovirus, Listeria monocytogenes, Trichinella, Clostridium perfringens und Ciguatoxin (jeweils 1 Ausbruch). Der Ausbruch mit den meisten Erkrankungsfällen (n = 159), davon 149 Kinder, wurde durch Listeria monocytogenes verursacht. Die Betroffenen dieses Gastroenteritis-Ausbruchs hatten in Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung Milchreis von einem Caterer gegessen, in dem L. monocytogenes in sehr hoher Konzentration nachgewiesen werden konnte. Es ist davon auszugehen, dass jährlich deutlich mehr lebensmittelbedingte Ausbrüche in Deutschland auftreten, die 384 gemeldeten und an das BVL bzw. das RKI übermittelten Ausbrüche also nur die Spitze des Eisbergs darstellten. Gemeinsame, interdisziplinäre Ausbruchsuntersuchungen durch die zuständigen Gesundheitsämter und Lebensmittelüberwachungsbehörden sind unerlässlich, um die Ausbruchsursachen zu erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen sowie Empfehlungen aussprechen zu können, die ein Ausbruchsgeschehen beenden und weitere Ausbrüche verhindern können.
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