Todesfälle durch Influenzapandemien in Deutschland 1918 bis 2009
Buchholz, Udo
Buda, Silke
Reuß, Annicka
Haas, Walter
Uphoff, Helmut
Hintergrund und Zielstellung: Schätzungen der Anzahl der Verstorbenen infolge der Influenzapandemien des 20. und 21. Jahrhunderts (1918/1919, 1957/1958, 1968–1970 und 2009) sind weltweit und auch für Deutschland eine Herausforderung. Die aufgrund einer systematischen Literaturrecherche erhobenen Ergebnisse sollen zusammengetragen, durch eigene Berechnungen ergänzt und bewertet werden. Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche unter Verwendung u. a. der Begriffe death, mortality, pandemic, epidemic, Germany, 1918, 1957, 1968, 2009 durchgeführt. Treffer wurden nach Titel bzw. Zusammenfassung gesichtet und bezüglich möglicher Relevanz selektiert. Eigene Schätzungen wurden, basierend auf Exzess-Mortalitäts-Berechnungen, durchgeführt. Die verschiedenen Werte aus der Literatur und den gegebenenfalls eigenen Berechnungen wurden bezüglich Methodik und Qualität der Datengrundlage bewertet, um den jeweils vertrauenswürdigsten zu identifizieren. Aus den Todesfallzahlen wurde für jede Pandemie eine Letalität berechnet und mit globalen Werten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verglichen. Ergebnisse: Für die Pandemie 1918/1919 identifizierten wir 5, für die Pandemien 1957/1958 und/oder 1968–1970 3 und für die Pandemie 2009 ebenfalls 3 relevante Publikationen. Für alle 4 Pandemien waren die plausibelsten Schätzungen diejenigen, welche mittels einer Zeitreihenanalyse (aus der Literatur entnommen oder aufgrund eigener Schätzungen) monatlicher oder wöchentlicher Gesamttodesfallstatistiken ermittelt wurden. Diese waren für die 4 Pandemien in chronologischer Reihenfolge 426.600 (1918/1919), 29.100 (1957/1958), 46.900 (1968–1970) bzw. 350 (2009) und entsprachen einer bevölkerungsbezogenen Exzess-Mortalität zwischen 691/100.000 (0,69 %) infolge der Pandemie 1918/1919 und 0,43/100.000 (0,00043 %) für 2009. Die resultierenden Letalitäten stimmten gut mit globalen, von der WHO angegebenen Werten überein. Schlussfolgerungen: Für die letzten 4 Pandemien (1918 bis 2009) konnten plausible Schätzungen der Exzess-Todesfallzahlen identifiziert werden. Die Heterogenität der entsprechenden Exzess-Mortalität zwischen den Pandemien ist bei einem Faktor von mehr als 1000 enorm. Diese kann durch Eigenschaften des Virus oder des Wirts (Immunität), die jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen, die Gesundheitsversorgung oder die medizinische Entwicklung bedingt sein.
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