Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2015
Robert Koch-Institut
Im infektionsepidemiologischen Jahrbuch werden die an das Robert Koch-Institut übermittelten Daten zu meldepflichtigen Infektionskrankheiten zusammengestellt und bewertet. Im Jahr 2015 wurden die Falldefinitionen aktualisiert. Dies hat insbesondere für diejenigen Übermittlungskategorien, bei denen sich die Referenzdefinition geändert hat, z. B. Hepatitis B, Einfluss auf die Fallzahlen und sollte bei der Bewertung des Trends berücksichtigt werden. Zudem ist die technische Umsetzung der Falldefinitionen in den Gesundheitsämtern nur nach und nach erfolgt, sodass ein Teil der Fälle noch gemäß alter und der andere Teil gemäß aktualisierter Falldefinition übermittelt wurden. Zur besseren Bewertung der veröffentlichten Daten werden für die betreffenden Krankheiten die Übermittlungszahlen nach alter und neuer Falldefinition differenziert dargestellt. Unter den impfpräventablen Krankheiten gehören Windpocken mit über 23.000 und Keuchhusten mit 9.000 Erkrankungen zu den 10 zahlenstärksten übermittlungspflichtigen Krankheiten des Jahres. Der seit 2008 zu beobachtende rückläufige Trend der Rotavirus-Gastroenteritiden insbesondere bei den < 2-jährigen Kindern setzt sich weiter fort. Vermutlich ist dies das Ergebnis der gesteigerten Inanspruchnahme der Rotavirus-Impfung, die seit Sommer 2013 von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) für Säuglinge empfohlen wird. Die Elimination der Masern ist ein wichtiges gesundheitspolitisches Ziel. Leider hat es im Jahr 2015 durch die Fortsetzung eines großen Ausbruchsgeschehens vom Vorjahr fast 2.500 Masern-Erkrankungen gegeben. Damit hat Deutschland mit einer Inzidenz von 3,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner das Eliminationsziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von < 0,1 erneut weit verfehlt. Die Inzidenz der für 2015 übermittelten Listeriosen war die höchste seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) 2001. Dies lag aber vor allem an der Übermittlung von 79 Listeriose-Gastroenteritiden, die im Rahmen eines großen Ausbruchs übermittelt wurden, der sich auf kontaminierten Milchreis zurückführen ließ. Die Epidemiologie der Salmonellose ist seit Jahren von einer deutlichen Abnahme der Fallzahlen geprägt, die primär, aber nicht ausschließlich, durch einen Rückgang der Zahlen für S. Enteritidis und S. Typhimurium gekennzeichnet ist. Damit einhergehend ist auch ein Rückgang der Salmonellose-Ausbrüche zu beobachten. Im Gegensatz zu anderen bakteriellen lebensmittelbedingten Krankheiten wie Salmonellosen oder Yersiniosen hat die Zahl der übermittelten Campylobacter-Enteritiden in den letzten Jahren zugenommen. Die Anzahl der übermittelten Erkrankungen (70.190) war 2015 wieder fast so hoch wie im Vorjahr. Die Anzahl der Hepatitis-E-Erkrankungen ist im Jahr 2015 noch einmal deutlich angestiegen. Insgesamt wurden dem RKI über 1.200 Fälle übermittelt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer erneuten Zunahme um fast 50 %. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre weiter fort. Neben vermehrter Diagnosestellung kommt auch eine tatsächliche Zunahme der Erkrankungen in Deutschland in Betracht. Der in den letzten Jahren beobachtete Anstieg der Anzahl gemeldeter Syphilis-Fälle setzte sich im Jahr 2015 unvermindert fort. Mit weniger als 7.000 ist sie im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel gestiegen. Insbesondere städtische Ballungszentren wiesen hohe Inzidenzen auf, auch hier zum Teil mit deutlichen Anstiegen gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahl der gemeldeten HIV-Neudiagnosen ist erneut gestiegen und zwar um 5 % im Vergleich zu 2014 auf über 3.600. Der Anstieg beruhte im Wesentlichen auf einer Zunahme von HIV-Neudiagnosen bei Menschen afrikanischer und osteuropäischer Herkunft. Nach der Pandemie im Jahr 2009 wurden für das Jahr 2015 die meisten Influenza-Erkrankungen seit Einführung des IfSG übermittelt. Bundesweit erreichten die Zahlen um die 9. Meldewoche ihren Höhepunkt. Die bundesweite Inzidenz übermittelter Influenza-Erkrankungen betrug 96 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und war damit 10-mal höher als im Vorjahr (9,3), das sich durch eine ungewöhnlich niedrige Grippeaktivität auszeichnete. Deutschland ist ein Niedriginzidenzland für Tuberkulose. Nachdem die Erkrankungszahlen seit 2008 bei etwa 4.400 stagnierten, wurde 2015 ein deutlicher Anstieg auf 5.865 beobachtet. Die gegenwärtigen Zahlen werden durch demographische Entwicklungen und die aktuellen Migrationsbewegungen beeinflusst. Die Inzidenz der übermittelten invasiven MRSA-Infektionen ist im Jahr 2015 zum dritten Mal in Folge gesunken. Die epidemiologische Situation nicht-invasiver MRSA-Infektionen oder von MRSA im ambulanten Bereich wird durch die erhobenen Surveillance-Daten aber nicht widergespiegelt. This Annual Report provides a summary of notifications of infectious diseases for 2015. The case definitions for notifiable diseases were updated in 2015. This is particularly relevant for those diseases where the reference definition has changed and must be taken into consideration when interpreting disease trends, e.g., hepatitis B. In addition, technical implementation of these changes has occurred over a period of time in the local health departments meaning that a proportion of cases were reported according to the older case definitions. Therefore data has been presented according to both the historic and the new case definitions to facilitate interpretation. The vaccine preventable diseases chickenpox and whooping cough (with 23,000 and 9,000 cases respectively) were among the ten most commonly reported notifiable diseases in 2015. The declining trend in rotavirus gastroenteritis has continued, with the most marked changes in children under 2 year old. This is presumed to be a consequence of increased uptake of rotavirus vaccination as recommended for infants since summer 2013 by the STIKO (the German Permanent Vaccination Commission). Elimination of measles is an important health policy aim. Unfortunately a large ongoing outbreak has contributed to a total of almost 2,500 cases in 2015. This represents an incidence of 3.1 cases per 100,000 population meaning that it remains far above the WHO elimination target of < 0.1 per 100,000. The incidence of listeriosis in 2015 was the highest recorded, since the introduction of the Act on the Prevention and Control of Infectious Diseases in 2001. This was largely due to an outbreak of 79 cases of listeria gastroenteritis which were linked to the consumption of contaminated rice pudding. There has been a continued steady decline in the number of Salmonella cases reported. This has been mainly due to decreasing numbers of S. Enteritidis and S. Typhimurium infections. This has been paralleled by a fall in the number of Salmonella outbreaks. In contrast to other causes of bacterial foodborne illnesses such as Salmonellosis and Yersiniosis, the number of cases caused by Campylobacter infections had increased over recent years. In 2015 the number of notified illnesses remained almost as high as in the previous year (70,190). Over 1,200 hepatitis E cases were notified to RKI in 2015. There has been an upward trend in the number of cases in recent years. In 2015 there was an increase of almost 50 % compared to the previous year. An increase in rates of diagnosis and a real underlying increase in the number of cases should be considered as possible contributory causes. Increases in the number of syphilis cases observed in recent years have also continued in 2015. With nearly 7,000 cases there has been an increase of just under a fifth. Urban areas in particular have shown a high incidence, with some areas showing marked increases since last year. The number of newly diagnosed HIV cases rose to over 3,600 in 2015. This represents an increase of 5 % compared to 2014. This is largely due to increases in new diagnoses in people of African and eastern European origin. A high number of influenza cases was reported in 2015. This was one of the highest numbers reported since the introduction of the Act on the Prevention and Control of Infectious Diseases in 2001, second only to the peak during the influenza pandemic in 2009. The highest national incidence was observed in the 9th reporting week. Nationally there were 96 cases per 100,000 population, over 10 times more than the previous year (9.3 per 100,000 population) which had been characterised by particularly low influenza activity. Germany is a low-burden country for tuberculosis. Case numbers were relatively stable at around 4,400 between 2008 through to 2014. However there has been a marked increase in 2015 with 5,865 tuberculosis cases reported. These figures have been influenced by demographic changes and recent migration patterns. There was a decline in the incidence of invasive MRSA infections for the third consecutive year in 2015. Non-invasive MRSA and MRSA in outpatients are not reported.
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