Verletzungen bei Kindern und Jugendlichen (1–17 Jahre) und Umsetzung von persönlichen Schutzmaßnahmen
Ergebnisse des bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS)
Kahl, Heidrun
Dortschy, Reinhard
Ellsäßer, G.
Die Befragung der Eltern zu Unfällen ihrer Kinder und Unfall vorbeugenden Maßnahmen im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) verfolgt das Ziel, repräsentative alters- und geschlechtsspezifische Daten zu Verletzungen im Kindes- und Jugendalter zu erhalten, um Risikogruppen und Risikofaktoren für die Unfallprävention zu identifizieren. Befragt wurden 16.706 Eltern zu Verletzungen ihrer Kinder (1–17 Jahre) in den letzten 12 Monaten, die ärztlich behandelt werden mussten, und zu Merkmalen des Unfallgeschehens wie Unfallort, Unfallmechanismus, Verletzungsfolgen und ambulante bzw. stationäre Behandlung. Darüber hinaus wurden sowohl Eltern als auch Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren (n = 6813) zu Schutzmaßnahmen befragt. 15,9 % der Kinder und Jugendlichen (1–17 Jahre) hatten nach Elternangaben mindestens eine Verletzung, davon 15,2 % durch einen Unfall und 0,8 % durch Gewalt bei tätlicher Auseinandersetzung. In der Altersgruppe der Ein- bis unter 18-Jährigen verunglückten Jungen signifikant (p < 0,001) häufiger als Mädchen (17,9 % vs. 14,0 %). Insgesamt mussten 13,3 % von 2410 verletzten Kindern und Jugendlichen im Krankenhaus behandelt werden. Bei den Unfallorten dominierten die häuslichen Unfälle mit 60 % bei den Kleinkindern (1–4 Jahre), während Sport- und Freizeitunfälle bei den 5- bis unter 15-Jährigen und 15- bis unter 18-Jährigen im Vordergrund standen (32,1 % bzw. 38,9 %). Der Anteil der Unfälle in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen verdreifachte sich vom Kleinkindalter zum Schulalter (5–14 Jahre) von 10,9 % auf 28,7 % und ebenso der Anteil der Straßenverkehrsunfälle von 5,6 % auf 16,7 %. Die 3 häufigsten Verletzungsmechanismen bei Kindern und Jugendlichen (1–17 Jahre) waren Stürze in der Ebene (35,2 %), aus der Höhe (25,2 %) und Zusammenstöße (20,6 %). Stürze aus der Höhe hatten ihren Häufigkeitsgipfel im Kleinkindalter (35,8 %). Prellungen, Verrenkungen und Zerrungen erreichten im Jugendalter (15–17 Jahre) mit 50,9 % einen Höchstwert; ebenso nahm der Anteil der Knochenbrüche von 10,7 % bei Kleinkindern auf 21,8 % bei den 15- bis unter 18-jährigen Jugendlichen stark zu. Während ein Zusammenhang zwischen Unfällen und Sozialstatus bei den Unfällen insgesamt und einzelnen Verletzungsfolgen nicht festgestellt werden konnte, zeigten sich jedoch bei den Verkehrsunfällen für ein- bis unter 18-jährige Mädchen (p = 0,047) und Jungen (p = 0.019) signifikant höhere Raten bei niedrigem Sozialstatus der Eltern verglichen zum hohen Sozialstatus. Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen lagen die Raten bei den 15- bis unter 18-jährigen Jugendlichen am niedrigsten. Während nach Elternangaben die 3- bis unter 5-jährigen Jungen und Mädchen hohe Helmtragequoten beim Fahrradfahren und Inlineskaten von ca. 90 % erreichten, waren diese bei den 5- bis unter 15-Jährigen Jungen und Mädchen mit über 60 % deutlich geringer und bei den 15- bis unter 18-Jährigen mit nur noch knapp 15 % am niedrigsten. Ebenfalls waren auch die Tragequoten für Protektoren bei den 15- bis unter 18-jährigen Jugendlichen am niedrigsten (Jungen 41,8 % vs. 52,2 % bei Mädchen). Die Selbstangaben der 11- bis unter 18-Jährigen lagen deutlich unter den Elternangaben. Der Sozial- und Migrationsstatus zeigte in allen Altersgruppen einen signifikanten Zusammenhang mit niedrigen Tragequoten bezogen auf Helme und Protektoren. Die altersgruppenbezogene Datenanalyse sollte Ausgangspunkt für zielgruppenbezogene Präventionsmaßnahmen sein und insbesondere den Sozial- und Migrationsstatus berücksichtigen. Dabei sind Präventionsaktivitäten im Verkehrsbereich insbesondere auf Familien mit niedrigem Sozialstatus auszurichten. Jugendliche sollten bei der Aufklärung über den Nutzen von Schutzmaßnahmen beim Fahrradfahren und Skaten verstärkt und adäquat angesprochen werden. Parent interviews with regard to their children's accidents and to accident protective measures in the Health Interview and Examination Survey for Children and Adolescents (KiGGS) aimed at extending our knowledge of age- and gender-specific injuries and to identify risk groups and risk factors for injury prevention. The parents of 16,706 children (aged 1–17 years) were asked about their children's injuries within the last 12 months which were medically treated, and about accident mechanisms, consequences of injuries, and ambulatory and hospital treatment. In addition, parents and children aged 11 to 17 years (n = 6813) were asked to give information on protective measures. According to the parents 15.9 % of the children had at least one injury within the last 12 months, 15.2 % because of an accident and 0.8 % because of assault. In the age group 1–17 boys have been injured significantly more often than girls (17.9 % vs. 14,0 %). Overall, 13.3 % of 2,410 injured children and adolescents were hospitalized. Two thirds of the accidents among toddlers were domestic accidents (60 %) whereas leisure and sport accidents were most prevalent in children and adolescents aged 5–14 years and 15–17 years (32.1 % and 38.9 %). The proportion of accidents in child care facilities and educational institutions tripled from infancy to school age (age 5–14 years) (10.9–28.7 %), as did traffic accidents (5.6–16.7 %). The three most frequent injury mechanisms in the age range 1–17 years were falls on level ground (35.2 %), falls from heights (25.2 %) and collisions with objects or persons (20.6 %). Falls from heights showed the highest risk in toddlers (35.8 %). Contusions, sprains and strains increased to a highest level of 50.9 % in adolescents; likewise, bone fractures increased from 10.7 % in toddlers to 21.8 % in adolescents aged 15–17 years. An influence of socioeconomic status on injuries overall and on consequences of injuries was not seen. For traffic accidents in children aged 1–17 years boys (p = 0.019) and girls (p = 0.047) from families with lower socioeconomic status showed higher rates of accidents than children from families with higher socioeconomic status. The application of protective measures was lowest in the age group 14–17 years. While according to the parents about 90 % of children aged 3–4 years wear a helmet when riding a bicycle or when skating, this quote was lower in the age group 5–14 (60 %) and dropped to about 15 % in the age group 14–17 (about 15 %). Also the rate for using protective clothes was lowest in age group 14–17 (boys 41.8 %; girls 52.2 %). In children and adolescents the rate of self-reported helmet use is lower than estimated by their parents. In all age groups migration background and low socioeconomic status were associated with lower use of protective measures (helmets and protective clothes). The age related data analysis should be the starting point in prevention measures for specific risk groups considering migration and socioeconomic status. Prevention activities in traffic should focus on families with low social status. Adolescents should be specifically and adequately addressed regarding the benefits of certain safety measures when riding a bicycle and when skating.
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