Strukturelle und funktionelle Charakterisierung einer neuen genomischen Insel in einer endemisch verbreiteten monophasischen Variante von Salmonella Typhimurium
Simon, Sandra
In den letzten Jahren hat sich eine monophasische Salmonella Typhimurium-Variante, die nicht mehr in der Lage ist, das alternative Geißel-Antigen (H2) zu exprimieren, zu einem der bedeutendsten Erreger lebensmittel-assoziierter humaner Infektionen in Deutschland entwickelt. Obwohl es Abweichungen in Lysotyp, Pulsfeldgelelektrophorese-Muster (PFGE) oder Antibiotika-Resistenzprofil innerhalb dieser Variante gibt, sind in Deutschland Stämme des Lysotyps DT193 mit dem PFGE-Muster STYMXB.0131 und einer Vierfachresistenz gegen die Antibiotika Ampicillin, Streptomycin, Sulfamerazin und Tetracyclin klar vorherrschend. Die starke Zunahme von Isolaten mit den genannten Charakteristika wurde auch aus anderen europäischen Staaten gemeldet. Genom-basierte Untersuchungen zeigten benachbart dem thrW tRNA-Locus ein neuartiges 18.4 kb Fragment, das verglichen mit dem S. Typhimurium LT2-Referenzgenom einen deutlich niedrigeren G+C-Gehalt aufwies (47.4% vs. 52.2%), was vermuten ließ, dass es sich um ein horizontal erworbenes Element handelte. In der vorliegenden Arbeit wurden zunächst die Struktur und die Verbreitung der Insertion analysiert. Nachfolgend sollten die funktionellen Eigenschaften der Insel untersucht werden, um Rückschlüsse auf eine mögliche Virulenz- oder Fitnesssteigerung in den Isolaten der sich rasant verbreitenden monophasischen Salmonella Typhimurium Variante ziehen zu können. Die in silico Leserahmensuche sagte 27 ORFs (open reading frames) voraus, von denen sich mehrheitlich Analoge in E. coli und Shigella-Genomen finden liessen. Für 26 Leserahmen konnten Transkripte nachgewiesen werden. Der Abgleich mit Protein-Datenbanken ergab v. a. Übereinstimmungen mit Phagen-assoziierten Proteinen, denen bislang keine bestimmte Funktion zugeordnet werden konnte. Zudem wurden in silico drei ORF-Produkte als putative Typ III-abhängig sekretierte Effektoren identifiziert. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass die Insel in der Lage ist, außerhalb des Chromosoms ein zirkuläres Intermediat zu bilden. Dieses mobile Element konnte durch Konjugation in einen geeigneten Rezipienten übertragen werden. In vitro Infektionsversuche mit einer polarisierten Epithelzell- sowie einer Makrophagenzelllinie ergaben keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Invasionsbzw. intrazelluläre Replikationsvermögen zwischen dem Wildtyp und einer insel-deletierten Mutante. Diese Resultate wurden auch in vivo in einem Streptomycin-Mausmodell bestätigt. Hinsichtlich der Funktionsaufklärung der einzelnen Leserahmen lag der Fokus auf ORF 10, bei dessen Produkt es sich um ein Typ III-Effektorprotein handeln könnte. Die Ergebnisse diverser Western Blot-Experimente zeigten das Genprodukt eindeutig in der Überstandsfraktion, die Sekretion erfolgt aber wahrscheinlich weder über eines der bekannten Typ IIISekretionssysteme (T3SS) noch über das SPI6-kodierte Typ VI-Sekretionssystem (T6SS) von S. Typhimurium. Zusammenfassend ergeben sich aus der vorliegenden Arbeit umfassende Informationen zur Struktur, Verbreitung und Übertragbarkeit der neuen genomischen Insel. Ihre Rolle im Lebenszyklus der monophasischen Salmonella Typhimurium-Variante konnte dagegen bislang nicht geklärt werden und lässt somit Raum für zukünftige Untersuchungen. A monophasic variant of Salmonella Typhimurium not expressing the second phase flagellar antigene has become one of the predominant agents causing foodborne infections in humans in Germany. In spite of variations in phage type, PFGE and resistance pattern within the emerging monophasic strains one type characterised by phage type DT193, PFGE pattern STYMXB.0131 and tetra-drug resistance towards antibiotics including ampicillin, streptomycin, sulfamerazine and tetracycline clearly dominates in Germany. To this day the same kind of strains has been attracting attention in various European countries. Genomebased analyses displayed an 18.4 kb fragment adjacent to the thrW tRNA locus in this dominant strain type. Sequencing of the detected insertion revealed 27 open reading frames and a significantly lower G+C content compared to the closely related S. Typhimurium LT2 genome (47.4% vs. 52.2%), indicating its acquisition via horizontal gene transfer. Aim of this study was to provide information on the relevance of the novel island for bacterial fitness or pathogenicity in the emerging monophasic variant of Salmonella Typhimurium. Homologous sequences for most of the open reading frames were found at the nucleotide level in E. coli and Shigella genomes. Transcripts have been shown for all but three ORFs. Protein BLAST analyses revealed mainly uncharacterized but probably phage-related gene products and further in silico applications predicted three putatively type III-secreted effectors. Moreover, it had been shown that the island is able to form a circular intermediate and therefore can be mobilized under certain conditions. Broth mating experiments resulted in the successful conjugational transfer of the 18.4 kb island from the donor to an appropriate Salmonella recipient strain. In vitro infection experiments with polarized epithelial and macrophage-like cell lines showed no differences between the wildtype and the island-deleted mutant strain regarding the invasion or intracellular replication capacities, respectively. These results were confirmed in vivo using a mouse colitis model. To elucidate the function of the gene products, this study focussed on ORF 10 since it was predicted to code for a T3SS effector. Western Blot experiments clearly showed the product in the supernatant fraction but secretion probably occurred neither via the SPI1-, SPI2- or flagella-T3SS nor by the SPI6-encoded T6SS described for S. Typhimurium. So, although this study provides detailed information about the structure, the dissemination and the transferability of the novel genomic island, its role in the life cycle of the monophasic Salmonella Typhimurium variant remains unclear and awaits further investigation.
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