Analyse des Schutzmechanismus', induziert durch attenuierte simiane Immundefizienzviren
Gabriel, Benjamin
In Tiermodellen induzieren attenuierte HIV/SIV-Viren einen außerordentlichen hohen Schutz gegenüber einer entsprechenden HIV- bzw. SIV-Wildtypvirusinfektion. Die zugrundeliegende Ursache ist bis heute nicht eindeutig geklärt. In Betracht kommen neben immunologischen auch virale Mechanismen. Im Zentrum dieser Arbeit steht die im Jahr 1997 von Sharpe und Kollegen publizierte Hypothese, bei welcher durch das attenuierte Virus „besetzten“ Zielzellen eine zentrale Rolle spielen. Nach dieser Theorie verhindert die Besetzung dieser Zielzellen („kritischer Nischen“) eine anschließende Infektion mit Wildtypvirus. Die Replikation des attenuierten Virus ist bei diesem Prozess wichtig, da sie für die Aufrechterhaltung der Zielzellenbesetzung notwendig ist. »In this model, the resident virus occupies a critical niche, and resistance to superinfection would be dependent upon the replication dynamics of this primary virus.« Sharpe et al., J. Gen. Virol., Vol. 78 (Pt 8), pp. 1923–7, Aug. 1997 Ziel dieser Arbeit war die Überprüfung dieser Theorie und die Analyse des Mechanismus, der für den Schutz von Rhesusaffen durch attenuierte SI-Viren verantwortlich ist. Für diesen Zweck wurden insgesamt 16 Rhesusaffen indischen Ursprungs mit einem attenuierten SI-Virus infiziert, das sich durch zwei genetische Modifikationen vom SIVmac239 Wildtypvirus unterscheidet: (1) einer bekannten nef-Deletion, welche die Attenuierung des Virus begründet421 sowie (2) dem Austausch der eigenen Reversen Transkriptase mit der von HIV-1525. Der Austausch der Reversen Transkriptase führt dazu, dass der als RT-SHIV Δnef bezeichnete Molekularklon sensitiv gegenüber nicht-nukleosidischen Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTIs) wird, da diese spezifisch an die Reverse Transkriptase von HIV-1, nicht aber von HIV-2 oder SIV binden. Bei einigen der mit dem RT-SHIV Δnef Virus immunisierten Tiere konnte durch den RT-Austausch die Replikation des Impfvirus zum Zeitpunkt der Belastung unterdrückt und die Hypothese zur Zielzellenbesetzung überprüft werden. Die Daten der Viruslast zeigten deutlich den Einfluss der Infektion mit dem attenuierten Virus (Impfvirus). Dieser Einfluss war unabhängig von der Behandlung mit den antiretroviral-wirkenden Medikamenten, woraus geschlussfolgert werden konnte, dass die Replikation des Impfvirus für den Schutz der Tiere nicht notwendig war und virale Parameter als Erklärung ausschieden. Aus diesem Grund wurden im weiteren Verlauf der Studie verschiedene Komponenten des Immunsystems auf einen schutzvermittelnden Einfluss hin überprüft. Während auf der Ebene humoraler Immunantworten (bindende IgG Antikörper, Antikörperavidität, neutralisierende Antikörper oder die Zelllyse vermittelnde Antikörper) keinerlei Korrelationen mit dem Schutz der Tiere festgestellt werden konnte, zeigten die geschützten Tiere einen hohen Anteil SIV-spezifischer CD8+ T-Zellen gegenüber den geimpften Tieren, die lediglich die Wildtypvirusreplikation kontrollieren konnten bzw. den Kontrolltieren, welche nicht mittels attenuiertem Virus geimpft waren. Vergleiche mit anderen Publikationen der jüngeren Zeit zeigen ebenfalls, dass die Induktion SIV-spezifischer CD8+ T-Zell-Antworten maßgeblich für den Schutz von mit SIV-infizierten Rhesusaffen verantwortlich sein kann494,521,522. Bei der Konzeption einer geeigneten HIV-Vakzine können somit attenuierte Viren nach wie vor wichtige Erkenntnisse liefern, insbesondere nachdem die hier durchgeführte Studie deutliche Hinweise für einen immunologisch begründeten Schutzmechanismus aufgezeigt hat. Ein wichtiges wenn nicht sogar essentielles Ziel eines HIV-Impfstoffes sollte nach den Ergebnissen dieser Studie die Induktion einer potenten CTL-basierten Immunantwort sein.
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