HIV-Subtypverteilung und Prävalenz von Medikamentenresistenz bei HIV-Neudiagnosen mit Herkunftsland Subsahara Afrika in 2015 und 2017
Feldle, Carina
Die molekulare Surveillance neu diagnostizierter HIV-Infektionen ist ein hilfreiches Mittel für das Erkennen zirkulierender HIV-Varianten, einschließlich solcher, die Arzneimittelresistenzen besitzen, um die Wirksamkeit der Therapie aufrechtzuerhalten. Die Flüchtlingswelle nach Europa mit der teilweise obligatorischen HIV-Testungen von Asylbewerbern in Deutschland führten zu einer wachsenden Zahl von neudiagnostizierten Personen aus Subsahara Afrika (SSA) mit dem höchsten Peak im Jahr 2015. Die zunehmende Prävalenz von HIV-Medikamentenresistenz in SSA war Anlass, einen potentiellen Import neuer oder bekannter Mutationen zu überwachen. Zusätzlich wurden alle Viren auf ihren Subtyp untersucht.
Virusvarianten (HIV-Subtyp und Resistenzen) wurden hinsichtlich der Herkunft und des Infektionsorts der Personen analysiert. Ein anschließender Vergleich der Ergebnisse aus dem Jahr 2015 mit den Daten aus 2017 soll mögliche Veränderungen aufzeigen und Prognosen für die zukünftige Entwicklung generieren.
Das Robert Koch-Institut (RKI) erhält für die molekulare HIV-Surveillance filtergetrocknete Serumproben (DSS) von etwa 60% der neu in Deutschland gemeldeten HIV-Infektionen. Virale RNA wird aus DSS extrahiert und die mit HIV-1-Resistenz-assoziierten Regionen PR, RT und INT werden durch die PCR amplifiziert, mittels NGS sequenziert und auf Subtyp-Affiliation und Resistenzmutationen analysiert.
Im Jahr 2015 wurden dem RKI 379 DSS von neudiagnostizierten Personen mit Herkunftsland SSA zugesandt. Von 208 Individuen (55%) - mehrheitlich aus West- und Ostafrika – konnten die Viren erfolgreich genotypisiert werden. Zum Vergleich wurden im Jahr 2017 153 von 360 (43%) Neudiagnosen mit Herkunftsland SSA analysiert.
Ein Vergleich der Subtypverteilung zeigt einen signifikanten Unterschied bei Subtyp C- und CRF02_AG-Infektionen. In der analysierten Population aus 2015 war Subtyp C mit 32% die häufigste Virusvariante, gefolgt von CRF02_AG mit 26% und G mit 10%. Im Gegensatz dazu bildete der Subtyp CRF02_AG im Jahr 2017 mit 39% den häufigsten Subtyp, gefolgt von G und C mit jeweils 17%. Diese Veränderungen sind auf die Differenzen der Herkunftsregionen zwischen den analysierten Probensets zurückzuführen, da die Studienpopulation im Jahr 2015 mehr Personen aus ostafrikanischen Regionen beinhaltete, in welchen eine höhere Prävalenz für Subtyp C-Infektionen herrscht.
Die steigende Anzahl an Subtyp A- und C-Infektionen in Deutschland kann nicht auf die steigende Anzahl an Asylbewerbern mit Herkunftsland SSA zurückgeführt werden, da diese Subtyp-Virusvarianten mit Personen aus Zentral-/Osteuropa und den Transmissionsgruppen der MSM und PWID assoziiert werden, welche in der Population mit Herkunftsland SSA zu geringen Anteilen vertreten sind.
Arzneimittelresistenz wurde in 8,2% des Studienkollektivs aus dem Jahr 2015 festgestellt, bestehend aus 3,4% gegen NNRTIs, 1,9% gegen NRTIs, 1,0% gegen PIs und 1,9% mit dualer Resistenz (gegen NNRTIs/NRTIs). Eine Resistenz im HIV- Genom wurde 2017 in 11,1% identifiziert, bestehend aus 6,5% gegen NNRTIs, 1,9% gegen NRTIs, 0,7% gegen PIs und 2,0% gegen duale Resistenzen. Es konnte kein signifikanter Anstieg an Resistenzen innerhalb der analysierten Populationen festgestellt werden. Die detektierten Resistenzen haben keinen Einfluss auf die Resistenzprävalenz in Deutschland, welche im letzten Jahrzehnt stabil geblieben ist und höhere Prävalenz im Vergleich zum analysierten Probenset aufweist.
Aufgrund der zunehmenden Anzahl an NNRTI-resistenten HIV-Varianten, in SSA und in Deutschland, wird von der Verwendung von NNRTIs, wie in den WHO-Behandlungsrichtlinien beschrieben, abgeraten. Eine geeignete Möglichkeit wäre das Ersetzen der NNRTIs durch PIs. Da die Personen der analysierten Studienkollektive mehrheitlich Langzeitinfektionen aufwiesen und sich in ihren Herkunftsländern infiziert haben, sollten dort medizinische und soziale Maßnahmen politisch gefördert werden. Dies schließt zum einen Aufklärungskampanien und Diskriminierungsvermeidung, aber auch die Verbesserung der medizinischen Versorgung in SSA ein. Für die in Deutschland lebenden Asylsuchenden aus SSA sollte eine geförderte Behandlungsbegleitung etabliert werden. Molecular surveillance of newly diagnosed HIV infections is a useful tool for tracking circulating HIV-variants, including those possessing drug resistances to sustain therapy efficacy. The wave of refugees to Europe, with partly compulsory HIV testing of asylum seekers in Germany, led to a growing number of newly diagnosed sub-Saharan Africa (SSA) people with the highest peak in 2015. The increasing prevalence of HIV-drug resistance in SSA was reason to monitor a potential import of new or known mutations. In addition, all viruses were examined for their subtype.
Virus variants (HIV subtype and resistances) were analyzed regarding the origin and the place of infection of the persons. A subsequent comparison of the results from the year 2015 with the data from 2017 should show possible changes and generate forecasts for future developments.
The Robert Koch Institute (RKI) receives dried serum spots (DSS) of about 60% of newly reported HIV infections in Germany. Viral RNA is extracted from DSS and the HIV-1 resistance associated regions PR, RT and INT are amplified by PCR, sequenced by NGS and analyzed for subtype affiliation and resistance mutations.
In 2015, 379 DSS were sent to the RKI by newly diagnosed persons whose country of origin was SSA. Of 208 individuals (55%) - mostly from West and East Africa - the viruses were successfully genotyped. For comparison, in 2017, 153 out of 360 (43%) new diagnoses were analyzed with the country of origin SSA.
A comparison of subtype distribution shows a significant difference in subtype C and CRF02_AG infections. In the analyzed population from 2015, subtype C was the most common virus variant at 32%, followed by CRF02_AG at 26% and G at 10%. In contrast, subtype CRF02_AG was the most common subtype in 2017 at 39%, followed by G and C at 17% each. These changes are due to differences in regions of origin between sample sets analyzed, as the study population in 2015 included more people from East African regions with a higher prevalence of subtype C infections.
The increasing number of subtype A and C infections in Germany cannot be attributed to the increasing number of asylum seekers with country of origin SSA, as these subtype virus variants are associated with persons from Central / Eastern Europe and the transmission groups of MSM and PWID in the population, which are represented in the population with country of origin SSA to small proportions.
Drug resistance was found in 8.2%, consisting of 3.4% against NNRTIs, 1.9% against NRTIs, 1.0% against PIs, and 1.9% with dual resistance (against NNRTI/NRTI). Resistance in the HIV genome was identified in 11.1% in 2017, consisting of 6.5% against NNRTIs, 1.9% against NRTIs, 0.7% against PIs and 2.0% against dual resistance. There was no significant increase in resistance within the analyzed populations. The detected resistances have no influence on the prevalence of resistance in Germany, which has remained stable over the last decade and has a higher prevalence compared to the analyzed sample set. Due to the increasing number of NNRTI-resistant HIV variants in SSA and Germany, the use of NNRTIs as described in the WHO treatment guidelines is discouraged. A suitable option would be to replace the NNRTIs with PIs. Since the majority of the analyzed study groups had long-term infections and became infected in their countries of origin, medical and social measures should be politically promoted there. This includes, on the one hand, awareness-raising campaigns and discrimination prevention, but also the improvement of medical care in SSA. For the asylum seekers from SSA living in Germany, a subsidized treatment support should be established.
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