2020-08-20Zeitschriftenartikel
Humangenetische Beratung in Deutschland: Entwicklung der Inanspruchnahme
Schmidtke, Jörg
Epplen, Jörg T.
Glaubitz, Ralf
Grimm, Tiemo
Nippert, R. Peter
Tönnies, Holger
Zerres, Klaus
Nippert, Irmgard
Hintergrund
Mit dem Gendiagnostikgesetz (GenDG) hat der deutsche Gesetzgeber tief greifende Vorschriften für die humangenetische Leistungserbringung einschließlich der genetischen Beratung erlassen. In dieser Arbeit werden Daten zur Inanspruchnahme der humangenetischen Beratung in den Jahren vor und nach dem Inkrafttreten des GenDG vorgelegt. Diese Daten sollen einer informierten Abschätzung möglicher Auswirkungen des Gesetzes dienen.
Material und Methoden
Die in den Jahren 2005 bis 2017 im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten und nach Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) über die kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) abrechenbaren humangenetischen Beratungsleistungen wurden über eine Datenbankabfrage beim Zentralinstitut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (ZI-KBV) sowie bei einzelnen KVen Deutschlands erfasst. Für die Diskussion der beobachtbaren Entwicklung der Inanspruchnahme genetischer Beratung und der möglichen zukünftigen Entwicklung werden zusätzlich Daten zum Überweisungsverhalten, den Wartezeiten und Beratungsanlässen aus der GenBIn(Studie „Genetische Beratung in Deutschland“)-Datenbank herangezogen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Inanspruchnahme der genetischen Beratung wächst seit 2009 mit einer durchschnittlichen Rate von ca. 6 % pro Jahr. Die gestiegene Nachfrage wird begleitet von veränderten relativen Anteilen der Zuweiser und steigenden Selbstüberweisungen und hat zu längeren Wartezeiten geführt. Unsere Daten legen die Vermutung nahe, dass der beobachtbare ständige Anstieg genetischer Beratungsleistungen multifaktoriell bedingt ist und nicht allein auf das GenDG zurückzuführen ist. Da die Zahl der hier wesentlichen Leistungserbringer, der vertragsärztlichen Fachärzte für Humangenetik, nahezu konstant bleibt, ist absehbar, dass bei weiter steigender Inanspruchnahme Kapazitätsgrenzen erreicht werden. Background
With the Act on Genetic Testing (GenDG), the German legislator has issued far-reaching regulations for human genetic services, including genetic counseling. This paper presents data on the use of human genetic counseling in the years before and after the entry into force of GenDG in order to provide an informed assessment of the possible effects of the law.
Materials and Methods
Over a period of 13 years (2005 to 2017), the human genetic counseling services provided within the framework of the statutory health insurance and billable by EBM via the Kassenärztliche associations were recorded via a database query at the Central Institute of the National Association of Statutory Health Insurance Physicians (ZI-KBV) and via individual Kassenärztliche Vereinigungen Deutschlands. For the discussion of the observable development of using genetic counseling and possible future development, additional data on the referral behavior, the waiting times, processing time, and reasons for consultations were extracted from the GenBIn database.
Results and Discussion
Demand for genetic counseling has steadily increased at an average rate of approximately 6% per year since 2009. This increase started well before the enactment of the GenDG and may be attributed to a multiplicity of factors. Change in demand for genetic counseling is characterized by increasing self-referrals and by increasing referrals by specialists other than obstetricians/gynecologists. Waiting times between 2011 and 2016/2017 have increased. While demand has been growing, the number of key service providers, the contracted medical specialists in human genetics, has remained almost constant. It is foreseeable that capacity limits will be reached if both trends continue.
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