Erfassungsdefizite bei der Müttersterblichkeit in Deutschland: Eine Analyse statistischer Herausforderungen
Zaloum, Safiya Fatima
Callaghan, Julia
Goepfrich, Amira
Dudenhausen, Joachim
Paulson, Lars
Hellmeyer, Lars
Vetter, Klaus
Ziegert, Martina
Braun, Thorsten
Koenigbauer, Josefine Theresia
Hintergrund: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Müttersterblichkeit als den Tod einer Frau während der Schwangerschaft oder bis 42 Tage danach. Die maternale Mortalitätsrate (MMR) dient als Indikator für die Qualität der Gesundheitsversorgung. In Deutschland basiert die Erfassung auf dem Leichenschauschein (ICD-10-Code), wobei Variationen in der Dokumentation zu Untererfassung führen. Studien deuten auf unzureichende Angaben in Berlin und Abfragen in Deutschland hin.
Methode: Es wurden 2.316 Leichenschauscheine von Frauen (15 – 50 Jahre) aus dem Berliner Zentralarchiv (2019 – 2022) zur Identifikation mütterlicher Todesfälle analysiert und die Ausfüllqualität bewertet. Zudem wurde bundesweit die Erfassung des Schwangerschaftsstatus auf den Leichenschauscheinen untersucht.
Ergebnisse: 14 maternale Todesfälle (ohne späte Fälle laut WHO) wurden identifiziert. Nur vier Fälle waren allein durch ICD-10-Codes als mütterliche Todesfälle erkennbar. Die für die Identifikation wichtige Zusatzangabe „Ist oder war die Frau schwanger?“ war bei etwa einem Viertel der gesichteten Leichenschauscheine verfügbar. In 73,2 % der Fälle blieb die Frage „Ist oder war die Frau schwanger?“ unbeantwortet. Der bundesweite Vergleich der Leichenschauscheine zeigte erhebliche Unterschiede: Nur Bayern und Bremen folgten der WHO-Definition. Sachsen-
Anhalt erfasst den Schwangerschaftsstatus gar nicht.
Schlussfolgerung: Die Erfassung der Müttersterblichkeit in Deutschland ist lückenhaft. Leichenschauscheine sind häufig unvollständig ausgefüllt. Viele Bundesländer erfassen Zeiträume außerhalb der WHO-Definition (3 –12 Monate nach Geburt). Ein standardisiertes nationales System zur Registrierung von mütterlichen Todesfällen ist nötig, um die Datenerhebung zu verbessern und eine bessere Prävention zu ermöglichen.
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