Psychische und körperliche Gewalterfahrungen in den vergangenen 12 Monaten in der Allgemeinbevölkerung
Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1)
Lange, Cornelia
Starker, Anne
Lippe, Elena von der
Hölling, Heike
Gewalterfahrungen können erhebliche psychosoziale und gesundheitliche Auswirkungen haben. In der bevölkerungsrepräsentativen Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) wurde ein Instrument zur Erfassung körperlicher und psychischer Gewalterfahrung (sowohl aus der Opfer- und als auch aus der Täterperspektive) implementiert. Dieses Instrument wurde in der Altersgruppe 18–64 Jahre (n = 5939) eingesetzt. Ziel der vorliegenden Publikation ist es, den Anteil von Personen, denen innerhalb der letzten 12 Monate mehrfach Gewalt widerfuhr oder die infolge der Gewalterfahrung stark beeinträchtigt waren, zu berichten, sowie den Anteil der Personen, die mehrfach Gewalt ausgeübt haben. Des Weiteren werden die Konfliktpartner von Gewaltopfern bzw. Tätern beschrieben und besondere Konstellationen von Gewalterfahrungen in Bezug auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität dargestellt. Abschließend wird der Zusammenhang zwischen ausgewählten Einflussfaktoren und dem Risiko, Gewaltopfer zu werden oder Gewalt auszuüben, untersucht. 2,7 % der Frauen und 4,3 % der Männer berichten von mehrfachen Erfahrungen körperlicher Gewalt in den letzten 12 Monaten oder erlebten sich durch diese Erfahrung stark beeinträchtigt; von psychischer Gewalt berichteten 18,9 % der Frauen und 15,4 % der Männer. Frauen sind häufiger als Männer sowohl Opfer als auch Täterin von Gewalt in der Familie. Männer berichten dagegen häufiger von Opfer- und Tätererfahrungen außerhalb des engeren familiären Umfelds. Unabhängig davon, ob sie Opfer oder Täter körperlicher oder psychischer Gewalt waren, ist das psychische Wohlbefinden von Personen mit Gewalterfahrungen signifikant schlechter als das von Personen ohne Gewalterfahrung. Erfahrungen von Gewalt in der Kindheit und Jugend erhöhen das Risiko, später Gewaltopfer oder Gewalttäter zu werden. Die vorliegenden Ergebnisse beschreiben psychische und körperliche Gewalterfahrungen als einen Teil von Gewalthandlungen in der Allgemeinbevölkerung näher und geben so Hinweise auf mögliche Präventionspotenziale. Experiences of violence may have considerable psychosocial and health implications. A violence screening tool was implemented in the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1) to depict the perpetrators’ and victims’ point of view. The study participants were between 18 and 64 years old (n = 5939). The aim of this article is to assess the percentage of people who experienced physical and psychological violence in the last 12 months or who suffered negative effects on their quality of life as a consequence or who were perpetrators of multiple acts of violence. The characteristics of victims, offenders, and their conflict partners are described. Furthermore, specific constellations of violence experience with regard to health-related quality of life are described. Finally, the association between being a victim of violence and different factors is estimated. In total, 2.7 % of women and 4.3 % of men reported multiple experiences of physical violence in the last 12 months or having their lives negatively impacted as a consequence of violence. Experience of psychological violence was reported by 18.9 % of women and 15.4 % of men. Women are more likely than men to be both perpetrator and victim within the family. Men are more likely than women to be both the perpetrator and victim outside of the family environment. Regardless of whether they are the victim or perpetrator of violence, the psychological well-being is significantly worse than those of people who did not experience violence. Experience of violence in childhood and adolescence increases the risk of becoming victim or perpetrator of violence later on in life. The findings presented here describe the psychological and physical experience of violence as one part of violence committed in the whole population. Some prevention advice is also presented.
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