Akute schlaffe Myelitis bei Kindern im Jahr 2016 – Rückkehr von „Polio“?
Hübner, Johannes
Kruse, Bernd
Christen, Hans-Jürgen
Weidenmann, Jürgen
Weiner, Viktoria
Schöne-Backe, Jan-Christoph
Eichinger, Anna
Diedrich, Sabine
Müller-Felber, Wolfgang
Hintergrund: Obwohl die Poliomyelitis weltweit praktisch ausgerottet ist, treten in den letzten Jahren immer wieder Fälle einer polioartigen Erkrankung auf, die durch asymmetrische schlaffe Lähmungen unterschiedlichen Schweregrades gekennzeichnet sind. Methode: Erfasst wurden Kinder, die 2016 in klinischen Zentren in Bayern und in Niedersachsen betreut wurden. Deutschlandweite Häufigkeiten wurden über freiwillige Meldungen an das Robert Koch-Institut geschätzt. Für das gesamte Jahr 2016 wurden dort 16 Fälle registriert. Ergebnisse: In den beteiligten Zentren wurden im Sommer und Herbst 2016 insgesamt 7 Kinder mit akut aufgetretenen schlaffen Lähmungen betreut. Zwei exemplarische Fälle werden beschrieben, die einen milden und einen schweren Verlauf zusammenfassen. Zur raschen Diagnosefindung ist die Kombination aus klinisch-neurologischer Diagnostik sowie Neurophysiologie, Kernspintomographie und gezielter mikrobiologischer Diagnostik entscheidend. Charakteristisch sind kernspintomographisch nachweisbare Schädigungen des Vorderhorns im Rückenmark oder elektrophysiologisch nachweisbare Läsionen als Zeichen der Motoneuron-Schädigung. Ein Erreger ist aus dem Liquor praktisch nie nachweisbar, aber epidemiologische Zusammenhänge sowie der Nachweis von Viren aus Stuhl oder Atemwegssekreten weisen auf Enteroviren als Verursacher hin. Schlussfolgerung: Die Prognose der Erkrankung ist zu Beginn nicht einzuschätzen und gezielte therapeutische Maßnahmen stehen nicht zur Verfügung.
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