Populationsbasierte Anteile geheilter Krebspatientinnen und -patienten in Deutschland
Haberland, Jörg
Baras, Nadia
Wolf, Ute
Hintergrund: Bevölkerungsbezogene Erhebungen zu den Überlebensaussichten von Krebspatienten basierten in Deutschland bisher überwiegend auf relativen 5- oder auch 10-Jahresüberlebensraten. Alternativ ermöglicht die Nutzung sogenannter parametrischer Heilungsmodelle, den Anteil der Krebspatientinnen und -patienten zu bestimmen, die trotz ihrer Erkrankung keine höhere Sterblichkeit aufweisen als die Allgemeinbevölkerung, und in diesem Sinne als geheilt betrachtet werden können. International sind derartige Analysen im bevölkerungsbezogenen Monitoring des Langzeitüberlebens von Krebserkrankten bereits etabliert.
Methoden: Für die vorliegenden Analysen wurden Daten bundesdeutscher bevölkerungsbezogener Krebsregister von Patienten im Alter von 15–79 Jahren (N=453.666) herangezogen. Um aktuelle Schätzungen zu den Überlebensaussichten von erkrankten Personen vorzunehmen, wurden Periodenanalysen über das Periodenfenster 2013–2014 mit einer maximalen Follow-Up-Zeit von 10 Jahren durchgeführt. Auf Basis parametrischer Modellierungen der jeweiligen Überlebenszeiten wurde der Anteil von geheilten Patienten für die Gesamtheit aller Krebserkrankungen und die jeweils drei häufigsten Krebslokalisationen bei Frauen (Brust-, Darm- und Lungenkrebs) und bei Männern (Prostata-, Lungen- und Darmkrebs) vom Zentrum für Krebsregisterdaten geschätzt. In zusätzlichen Analysen wurde die mögliche Überschätzung des Anteils Geheilter durch Ausschluss von DCO-Fällen (Death Certificate Only) quantifiziert.
Ergebnisse: Der Anteil von Krebserkrankten, bei denen im Vergleich zur jeweiligen Allgemeinbevölkerung keine Übersterblichkeit mehr zu beobachten war und somit von einer Heilung im o.g. Sinne auszugehen ist, lag mit 64,0% (95%-Konfidenzintervall: 63,4–64,6) bei Frauen höher als mit 56,8% (56,3–57,4) bei Männern. Mit Ausnahme von Brustkrebs bei Frauen waren die parametrischen Heilungsmodelle mit dem zugrunde gelegten Follow-Up-Zeitraum von 10 Jahren auch für die lokalisationsspezifischen Analysen sinnvoll anwendbar. Frauen wiesen dabei für Darm- und Lungenkrebs höhere Anteile auf als Männer (62,3% vs. 56,2% bzw. 18,5% vs. 14,9%). Bei Männern wurde die Heilungsquote für Prostatakrebs auf 94,5% geschätzt. Die Berücksichtigung von korrigierten DCO-Fällen führte bei beiden Geschlechtern zu einer Reduktion der Schätzer um maximal 3%.
Schlussfolgerungen: Basierend auf bundesweiten Daten für das Periodenfenster 2013–2014 lassen sich deutliche geschlechterspezifische Unterschiede im Langzeitüberleben bei häufigen Krebserkrankungen in Deutschland beobachten. Ergebnisse parametrischer Heilungsmodelle können wichtige zusätzliche Erkenntnisse bezüglich verbleibender und zukünftiger Herausforderungen in der Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten in Deutschland liefern. Background: Population-based assessment of long-term survival prospects of cancer patients in Germany have, so far, been mainly based on estimating relative 5- or 10- year survival rates. Alternatively, parametric cure models allow for determining the proportion of patients who although being affected by cancer do not exhibit higher mortality rates compared to the general population. These patients are thus considered as cured from cancer. Internationally, cure models are highly established in the monitoring of long term survival of cancer patients.
Methods: For the present analysis, population-based cancer registry data from patients aged 15 to 79 years (N=453,666) in Germany were used. In order to obtain up-to-date estimates on cure proportions of cancer patients, period analyses with a period window from 2013 to 2014 and a maximal follow-up time of 10 years were conducted. Based on parametric modelling of survival times, sex-specific estimates on cured proportions of cancer patients were calculated for all cancers as well as for the three most common cancer sites among women (breast, colon, lung) and among men (prostate, lung, colon) were calculated. In additional analyses, the extent to which the cured proportion of all cancer patients might have been overestimated due to the exclusion of DCO (Death Certificate Only) cases were quantified.
Results: Overall, 64.0% (95%-confidence interval; 63.4–64.6) of women and 56.8% (56.3–57.4) of men were considered as statistically cured of their cancer in the sense that their mortality did not differ significantly from that of the general population. Parametric cured models also converged in all site-specific analyses except breast cancer among women. The cure proportions for colon and lung cancer were higher in women than in men (62.3% vs. 56.2% and 18.5% vs. 14.9%). Moreover, the estimated cure proportion of prostate cancer among men was 94.5%. After correcting the cure fraction of all cancers for the proportion of DCO cases, a maximal drop of 3% was observed among both genders.
Conclusions: Based on nation-wide data for the period window 2013–2014, significant sex difference in long-term cancer survival for common cancers can be observed in Germany. Parametric cured models can provide additional insights on remaining or new challenges of cancer care in Germany.
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