Bedeutung und Häufigkeit von Toleranzen gegenüber bioziden Wirkstoffen in Antiseptika und Desinfektionsmitteln
Kampf, Günter
Infektionserreger, die nosokomiale Infektionen verursachen, können auch gegenüber ausgewählten bioziden Wirkstoffen in Antiseptika und Desinfektionsmitteln unempfindlicher werden. In der im Epidemiologischen Bulletin 39/2020 veröffentlichten Literaturstudie wird am Beispiel von Chlorhexidindigluconat (CHG) gezeigt, dass bei 20 von bisher 78 untersuchten Bakterienspezies eine starke Erhöhung der Toleranz ausgelöst werden kann (MHK-Anstieg: > 4-fach). Gegenüber Ethanol, n-Propanol, Isopropanol, PVP-Iod, Natriumhypochlorit, Peressigsäure, Wasserstoffperoxid und Glutaraldehyd wurde bislang keine relevante und stabile Toleranzentwicklung beschrieben. Um den Selektionsdruck zu reduzieren, sollten zur Hautantiseptik nur Produkte auf Basis von Alkohol mit Zusatz eines nachweislich wirksamen zusätzlichen Wirkstoffs verwendet werden, für den in der verwendeten Konzentration ein Patientennutzen in der Literatur beschrieben ist, z. B. CHG (niedrigere Raten an Wundinfektionen bzw. Sepsis). Zur Wundantiseptik weisen Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit sowie PVP-Iod das niedrigste Potenzial zur Toleranzbildung auf. Bei alkoholischen Händedesinfektionsmitteln sollte auf den Zusatz weiterer biozider Wirkstoffe verzichtet werden. Im Hinblick auf eine mögliche Toleranzbildung sind Präparate zur Flächendesinfektion auf Basis von Peroxiden bzw. Natriumhypochlorit (große Flächen) oder Alkoholen (kleine Flächen) vorteilhaft.
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