2023-12Studienarbeit
Temporal trends in age- and stage-specific incidence of colorectal adenocarcinomas in Germany
Universität zu Lübeck
Die Inzidenz von Darmkrebs ist sowohl von ätiologischen Faktoren (ungünstiges Ernährungsverhalten, Übergewicht etc.) als auch von der Darmkrebsfrüherkennung (Test auf okkultes Blut im Stuhl, Koloskopie-Screening) beeinflusst. Gerade im Bereich der ätiologischen Faktoren wird eine Zunahme in den letzten Jahrzenten diskutiert, was zu einem Anstieg der Darmkrebsinzidenz führen könnte. Auf der anderen Seite gibt es seit dem Jahr 2002 für gesetzlich krankenversicherte Personen in Deutschland ab dem Alter von 55 Jahren den Anspruch auf qualitätsgesicherte Screening-Koloskopien (2mal im Abstand von 10 Jahren). Im Alter von 50-54 Jahren besteht ein jährlicher Anspruch auf Untersuchung des Stuhls mittels guajak-basiertem fäkalem okkultem Bluttest (gFOBT). Seit April 2017 wird anstelle des gFOBT ein immunologischer Stuhltest (iFOBT) eingesetzt. Im Jahr 2019 wurde ein Einladungs- und Informationswesen (Krankenkassen schreiben ihre Versicherten im Alter von 50, 55, 60, 65 Jahren an) eingeführt und die untere Altersgrenze für das Koloskopie-Screening für Männer auf 50 Jahre herabgesetzt (KFE-RL des G-BA 2009, letzte Änderung 2020; Nationaler Krebsplan des BMG, Handlungsfeld 1, Ziel 2b).
Insbesondere durch das Koloskopie-Screening wird auf Grund primärpräventiver Wirkung (Abtragung von Polypen und Adenomen) ein Rückgang der Inzidenz erwartet. Dieser Effekt wurde bereits von verschiedenen Arbeitsgruppen für Deutschland beschrieben. So konnten wir bereits im Jahr 2010 (Waldmann et al. 2010) zeigen, dass im zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung des Screenings Veränderungen in der Epidemiologie kolorektaler Tumoren zu beobachten waren. Allerdings konnten diese wegen des Fehlens bevölkerungsbezogener Daten zum Screening (u. a. bevölkerungsbezogene Nutzungsraten, Ergebnisse der Screening-Untersuchungen etc.) nicht eindeutig mit dem Screening in Verbindung gebracht werden. Aus der Arbeitsgruppe von Hermann Brenner (dkfz) liegen eine Reihe von wissenschaftlichen Publikationen, die den Effekt von Screening-Koloskopien auf die Epidemiologie des Darmkrebses untersuchen. Dies sind zum einen Modellierungsstudien vor, die eine Senkung der späten Stadien von Darmkrebs erwarten lassen (u. a. Heisser et al. 2021, Chen et al. 2018). Zum anderen liegen Ergebnisse aus der ESTHER-Studie, in der ein Abgleich der Teilnehmer*innen mit dem Krebsregister des Saarlandes erfolgte, vor. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Teilnahme am Koloskopie-Screening mit einer deutlichen Reduktion des Risikos für Darmkrebs (adjustiertes Hazard Ratio von 0,44) und für die Darmkrebssterblichkeit (aHR von 0,34) einhergeht (Guo et al. 2021). Eine aktuelle Auswertung bevölkerungsbezogener Daten zur Inzidenz und Mortalität des Darmkrebses aus dieser Arbeitsgruppe (Zeitraum Inzidenz bis 2016; Mortalität bis 2018; jüngste Altersgruppe < 55 Jahre) unterstützt die Annahme, dass das Screening zu erheblichen Reduktionen der Inzidenz distaler kolorektaler Karzinome und der Mortalität an Karzinomen im gesamten Kolon und Rektum beigetragen hat (Cardoso et al. 2021).
Trotz der guten Auswertungslage bestehen noch einige Forschungslücken. Zum einen fehlt ein expliziter Vergleich von älteren und jüngeren Darmkrebspatienten basierend auf einer großen Datenbasis und unter Berücksichtigung von Stadienverteilung und Lokalisation. Zum anderen fehlen aktualisierte stadienspezifische Inzidenzraten zum Darmkrebs.
Daher streben wir an, auf Basis der Daten aus ausgewählten Bundesländern (SH, NI, HB, BY, SL und NRW / Regierungsbezirk Münster), die nach unseren Voruntersuchungen über einen langen Zeitraum eine hohe und stabile Vollzähligkeit aufweisen, zu untersuchten, wie sich die zeitlichen Trends (Diagnosejahre 2002-2017) für Darmkrebs nach Alter, Geschlecht, Lokalisation und Stadien entwickelt haben.
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